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Das auf den ersten Blick unscheinbare Gotteshaus am Rande von Mücheln ist eine der wenigen erhaltenen Kapellen des Templerordens in Deutschland. Vor seinem Verbot 1312 durch Papst Clemens V. spielte der Orden eine wichtige Rolle bei der Versorgung von Pilgern und Kreuzrittern im „Heiligen Land“. Ihm gehörten im 13. Jahrhundert auch die wettinischen Grafen von Brehna an.

Von der Vorgeschichte der Templerkommende Mücheln ist nicht viel bekannt. Die Forschung geht davon aus, dass im Bereich des heutigen Dorfes bereits vor der ersten urkundlichen Erwähnung eine slawische Wehrsiedlung Bestand hatte, die möglicherweise von Ministerialen der Grafen von Brehna verwaltet wurde. Um 1270 erschien erstmals ein „Komtur Gero von Mücheln“ als Zeuge in einer erzbischöflichen Urkunde. Zu jener Zeit war Konrad II. Graf von Brehna. Er hatte ein Jahr zuvor dem Templerorden das Patronatsrecht über die einstige Petrikapelle auf der Burg Wettin übertragen.

Die Verbindung der Wettiner zur „Armen Ritterschaft Christi und des salomonischen Tempels zu Jerusalem“ ist spätestens seit Friedrich II. von Brehna und Wettin belegt. Schon sein Großvater, Markgraf Konrad der Große, unternahm eine Pilgerreise ins „Heilige Land“ und schloss sich den Kreuzrittern an. Friedrich II. nahm 1221 am fünften Kreuzzug teil, trat dem Templerorden bei und starb im selben Jahr in Akkon.

Nach der Auflösung des Ordens kam der Templerhof bis 1490 als Priorat an das Krakauer Augustinerkloster St. Markus. Seit dem 16. Jahrhundert wechselte das Gut Mücheln häufig die Besitzer, der Templerhof verfiel in Teilen und die Kapelle wurden jahrhundertelang als Scheune und Getreidespeicher genutzt. Von diesem einstigen Templerhof blieben bis heute die Kapelle „Unser Lieben Frauen“ sowie einige Wirtschaftsgebäude und ein Garten erhalten.

Die vermutlich um 1260-1280 errichtete gotische Kapelle erhielt im 16. Jahrhundert ein neues Satteldach mit Renaissancegiebeln sowie Zwerchhäusern. Die Wände aus Porphyrbruchstein werden durch neun Pfeiler aus hellem Sandstein untergliedert. Dazwischen sitzen ebenso viele schlanke Maßwerkfenster, die im Zuge der Restaurierungsarbeiten der letzten 30 Jahre wieder hergerichtet wurden. 2002 erhielten sie neue Bleiglasfenster aus der Hand des bekannten Wernigeroder Glaskünstlers Günter Grohs.

Das schlichte, turmlose Gotteshaus besteht aus einem in zwei Jochen und Apsis unterteilten Innenraum. Über dem Westjoch befindet sich eine Empore. Bei der Restaurierung der Wände und Gewölbe traten eine Vielzahl wertvoller Details zutage. So scheint die gesamte Kapelle ursprünglich mit polychromen Malereien verziert gewesen zu sein. Besonders schön ist die sogenannte Madonna von Mücheln, das Gesicht einer Frau, das später von Pflanzenmustern umrahmt wurde.

Die Konsolensteine, auf denen die Rippen und Gurte der Gewölbe aufsitzen, stammen aus der Entstehungszeit der Kapelle und zeigen wie die Schlusssteine der Gewölbe kunstvoll aus Stein gemeißeltes Blattwerk von Pflanzen wie Madonnenlilie, Georgischem Efeu, Mariendistel oder Platane. Ebenso alt ist das restaurierte Gewände, also die schräge seitliche Begrenzung von Haupt- und Nebenpforte, das jeweils in einem Spitzbogen mit Kleeblatttympanon zuläuft.


Infos

Templerkapelle Mücheln, Gimritzer Weg, 06198 Wettin-Löbejün, geöffnet tgl. ab 9 Uhr
Infos zum Programm Templersommer www.facebook.com/templersommer

Sehenswertes in der Umgebung

Porphyrlandschaft Bei Mücheln trifft die Wettiner Porphyrlandschaft auf die breite Saaleaue zwischen Brachwitz und Wettin. Im Naturschutzgebiet „Porphyrkuppenlandschaft bei Gimritz“ wechseln sich Halbtrocken- und Trockenrasen mit Streuobstwiesen und Zwergstrauchheiden ab. Ein Naturlehrpfad führt ab Mücheln durch Felsklippen, Trockentäler und markante Bruchstufen hinab zur Saale.

Hättet Ihr’s gewusst?

Mönch sein und trotzdem kämpfen? Das war im Mittelalter nicht ungewöhnlich. Schon während des Ersten Kreuzzuges ins „Heilige Land“ gründeten adelige Ritter 1099 den Johanniterorden zum Schutz der Pilger und zur Pflege Verwundeter. Um 1120 kam der Tempelritterorden und 1198 der Deutsche Orden hinzu. Alle Orden gründeten Niederlassungen in Europa. Weil der französische König Philipp IV. in den Templern eine große Konkurrenz sah, ließ er sie ab 1307 verfolgen und den Orden mit Hilfe von Papst Clemens V. 1312 verbieten. Ihr über ganz Europa und Kleinasien verstreuter Besitz wurde fast vollkommen an den Johanniterorden übertragen. Wahrscheinlich auch der Templerhof von Mücheln.

Konrad sagt…

Konrad

„Mich erinnert sie ein wenig an Uta von Naumburg. Wie andächtig unsere Madonna von Mücheln von der Empore auf die Kapelle blickt. Schade, dass ihr Bildnis nur zum Teil erhalten blieb.“