Mit seinem einzigartigen Schloss- und Parkensemble zählt Ostrau zu den Perlen im Alten Wettiner Land. Von 1586 bis 1945 befand sich die Schlossinsel im Besitz der Familie von Veltheim. Die ließ sich von Louis Remy de la Fosse Anfang des 18. Jahrhunderts ein Barockschloss entwerfen, das sich schnell zu einem lebendigen Ort des kulturellen und politischen Austauschs am Rande von Kursachsen entwickelte.

Wie viele andere Orte im Alten Wettiner Land war Ostrau einst eine slawische Wehrsiedlung. Erstmals urkundlich erwähnt wurde „Ostrowe“ 1125, als Markgraf Konrad der Große dem kurz zuvor gegründeten Augustinerchorherrenstift auf dem Petersberg dort eine bereits vorhandene Kapelle und etwas Land schenkte. Bis etwa 1285 verwaltete ein gleichnamiges Ministerialengeschlecht die örtliche Burganlage für die Wettiner.

Bis Achatius von Veltheim die Burg 1586 erwarb, wechselten die Lehnsnehmer ständig. Ab 1713 ließ Otto Ludwig von Veltheim das bis heute erhaltene Barockschloss errichten. Als Architekten gewann er Louis Remy de la Fosse, der Hofarchitekt in Hannover, Kassel und Hessen-Darmstadt war. Mit seinem zweigeschossigen symmetrischen Aufbau um einen dominanten Mittelrisalit ähnelt es dem etwa 30 Jahre zuvor errichteten Schloss Oranienbaum. Zum Ensemble gehörte ein Barockgarten, den Friedrich August von Veltheim Ende des 18. Jahrhunderts zu einem der ersten Landschaftsgärten nach englischem Vorbild umgestalten ließ.

Letzter Besitzer aus der Familie war Hans-Hasso von Veltheim, ein Privatgelehrter, Weltreisender und Anhänger der Anthroposophie Rudolf Steiners. Er sanierte das hoch verschuldete Gut ab 1927 und machte es wieder zu einem Zentrum des geistigen Austauschs. 1945 enteignet, verbrachte er die letzten Lebensjahre bis 1954 in Westdeutschland. Die Urne mit seiner Asche konnte erst 1990 in die von ihm geschaffene anthroposophische Grabkapelle in der Ostrauer Patronatskirche gebettet werden.

Der überwiegende Teil der historischen Inneneinrichtung wurde nach 1945 entnommen. Heute wird das dreiflügelige Schloss vor allem als Grundschule genutzt. Nach Sanierungsarbeiten zeigen sich einige Räume wieder im alten Glanz, etwa die Bibliothek und das Kaminzimmer, in dem sich ein Café befindet. Der 14 Hektar große historische Schlosspark wurde in den 1930er-Jahren von Hans-Hasso von Veltheim nach anthroposophischen Gesichtspunkten umgestaltet und zählt heute zu den „Gartenträumen – Historische Parks in Sachsen-Anhalt“. Zu den bestimmenden Elementen der Anlage gehören der Schlossgraben, Teiche sowie der Lauf der Riede. Neben beeindruckenden alten Baumriesen blieben zahlreiche architektonische Details sowie der Parkfriedhof der Familie Veltheim erhalten.


Infos

Schloss Ostrau, Schlossstr. 11, 06193 Petersberg
Öffentliche Führungen durch Schloss, Park und Kirche von März bis Oktober jeden letzten Sonntag im Monat. Mehr unter www.ostrau.de

Schlosscafé Sa/So 13 – mind. 18 Uhr

Service für Radelnde: Druckluft-Tankstelle und Werkzeug zu den Öffnungszeiten des Cafés 

Sehenswertes in der Umgebung

Patronatskirche 1698 bis 1704 ließ Otto Ludwig von Veltheim anstelle der Georgskirche aus dem 13. Jahrhundert eine neue barocke Kirche erbauen. Die Familiengruft wurde bis 1842 als Begräbnisstätte genutzt. Neben dem Schmuck der prachtvollen Patronatsloge blieb der barocke Hochaltar mit einer geschnitzten Figurengruppe der Auferstehung Jesu erhalten. Hans-Hasso von Veltheim stiftete 1930 eine neue Orgel der bekannten Firma Rühlmann.

Patronatsloge Hans-Hasso von Veltheim ließ die Patronatsloge in der Kirche 1933 zu einer Grabaltarkapelle im Geiste der Anthroposophie umgestalten. Beeindruckend sind die bunten Glasfenster mit christlich-anthroposophischen Motiven, die von der Kandinsky-Schülerin Maria Strakosch-Giesler geschaffen wurden. Seit 1990 ruht Veltheims Urne im mit einem Rosenkreuz verzierten Grabaltar.

Carl Adolf Senff Der 1785 in Halle geborene Maler verbrachte seine letzten Lebensjahre bis 1863 in Ostrau und liegt auf dem dortigen Friedhof begraben. Als bedeutender Vertreter des Biedermeiers war er vor allem für seine Stillleben, Blumenbilder und Porträts bekannt. Bevor er nach Ostrau ging, lebte und arbeitete er mehr als 30 Jahre in Rom und erlangte dort als „Raffaele die Fiori“ (Blumenraffael) gewisse Berühmtheit. Sein Grab ziert die eindrucksvolle „Professorenlinde“.

Hättet Ihr’s gewusst?

Als Schloss Ostrau vor gut 300 Jahren zur Zeit des Barocks erbaut wurde, folgte es sehr strengen Regeln. Dabei ging es darum, die Natur zu formen und dadurch die Macht der Herrschenden über die Schöpfung und ihre Untertanen auszudrücken. Dem entsprach der einstige Barockgarten: streng geometrisch angelegt, Büsche und Bäume in Form geschnitten. Doch schon die Enkel der Schlosserbauer fanden das nicht mehr so gut. Sie waren Fans der neuen englischen Mode der „Landschaftsgärten“. Die waren zwar auch von Menschenhand angelegt, sollten aber möglichst „wildromantisch“ und „verwunschen“ daherkommen und natürliche Ansichten bieten, wie ein „begehbares Naturgemälde“.

Konrad sagt…

Konrad

„In Ostrau bin ich am liebsten Ende Februar. Wenn dann die vielen Tausend Winterlinge im Park goldgelb blühen, dann weiß ich, dass der Winter zu Ende geht.“