Vom Zentrum an die Peripherie

Im 13./14. Jahrhundert hatten die Wettiner große Teile ihrer Besitzungen an das Erzbistum Magdeburg verkauft und ihren Machtschwerpunkt stetig gen Süden und Osten verlagert. Nach der Leipziger Teilung 1485 befand sich die Hauptresidenz der albertinischen Linie in Dresden. Die ernestinische Linie spaltete sich in verschiedene Fürstentümer im thüringischen Raum auf.

Somit lag das Alte Wettiner Land spätestens im 16. Jahrhundert im Grenzraum von Kursachsen, den anhaltischen Fürstentümern und den Magdeburger Besitzungen. Hier kam Zörbig im 17. Jahrhundert nochmals für sehr kurze Zeit zu neuer Bedeutung als Residenz der Sekundogenitur Sachsen-Merseburg-Zörbig.

Herzog August von Sachsen-Merseburg-Zörbig (1655-1715) machte die vom 30-jährigen Krieg stark zerstörte Stadt 1691 zu seiner Residenz und ließ ab 1695 das heute noch erhaltene Barockschloss erbauen. Im 18. Jahrhundert entstanden zwei weitere Prachtbauten.

So ließ etwa Otto Ludwig von Veltheim ab 1713 nach Plänen des hessischen Hofarchitekten Louis Remy de la Fosse ein Barockschloss auf dem Familienanwesen in Ostrau errichten. Sein Nachfahr Hans Hasso von Veltheim war Anhänger der Anthroposophie Rudolf Steiners und ließ das Anwesen in den 1930er Jahren in diesem Geiste umgestalten.

Ab 1788 ließ die Familie von Graevenitz in Quetz ein eindrucksvolles Schloss errichten, das den Anlagen in Mosigkau und Oranienbaum im Dessau-Wörlitzer Gartenreich stark ähnelt. Nicht weit entfernt eröffnete Dorfpfarrer Ludwig Wildenhagen, ein Bekannter des Reformpädagogen Friedrich Fröbel, 1846 einen der ersten Kindergärten in den damaligen deutschsprachigen Ländern.

Die Region selbst entwickelte sich ab der frühen Neuzeit zu einem regionalen Zentrum des Kupfer- und Kohlenbergbaus. Zudem wurde der Abbau des lokalen Porphyrs intensiviert. Insbesondere der Löbejüner Porphyr findet sich heute in zahlreichen Sakral- und Profanbauten in ganz Deutschland. Im 19. Jahrhundert wurde unter preußischer Herrschaft vor allem der Ausbau der Landwirtschaft stark vorangetrieben. Die Gegend um Zörbig wurde zu einer der wichtigsten Anbauregionen für Zuckerrüben im 1871 gegründeten Kaiserreich. Bis heute erinnert die Saftbahn an die goldenen Zeiten, als der Zörbiger Zuckerrübensaft von hier aus in die bedeutendsten deutschen Handelsstädte transportiert wurde.